Fire Fighting - Texas Style

8 Feuerwachen für 60.000 Bürger

Im Rahmen eines Texas-Aufenthalts bot sich unserem Feuerwehrmitglied Christian Manhart sowie einer Feuerwehrfrau aus Ebenhausen, Manuela Kopold, die Möglichkeit, einen Tag lang eine US-Berufsfeuerwehr zu besuchen und den „American Way of Fire Fighting“ kennenzulernen. Die Schrobenhausenerin Anni Dudek, deren Verwandter als Captain beim Temple Fire Departement beschäftigt ist, hatte den Kontakt hergestellt.

Temple ist eine 60.000-Einwohner-Stadt im Herzen von Texas und besitzt eine Zentralwache sowie sieben im 170-km²-Stadtgebiet (!!!) verteilte Nebenwachen. Zuerst wurde die moderne Wache in der Innenstadt von Temple besichtigt. Hier ist auch die allgemeine Verwaltung untergebracht, so dass neben den Berufsfeuerwehrleuten auch zahlreiche Verwaltungsangestellte in den Büros tätig sind.

Die deutschen Besucher wurden vom Fire Chief (Leiter der Feuerwehr) Lonzo Wallace herzlich begrüßt und dem Team der Verwaltung vorgestellt. Hier gab es schon die erste große Überraschung:  Zur Feuerwehr gehört auch Hund „Torch“, der speziell bei vermeintlichen Brandstiftungen zum Einsatz kommt und Brandbeschleuniger aufspürt. Auch kann er bei Gefahrstoffaustritt eingesetzt werden, um die Ausbreitung zu ermitteln. Zwischen den Einsätzen ruht sich Torch in den Büroräumen aus und wird entsprechend verwöhnt.

Es folgte die Besichtigung  der Sozialräume. Einen großen Stellenwert – wie auch auf den anderen Wachen – nimmt der TV-Raum ein: Zum Relaxen zwischen den Einsätzen werden in einem Raum überdimensionale, elektrisch verstellbare Fernsehsessel vorgehalten, die im Halbkreis um einen fast kinoleinwandgroßen Flachbildschirm angeordnet sind. Auch die Küchen sind in den Wachen beliebter Anlaufpunkt und hochwertig ausgestattet.  Der Schlafraum ist ohne Türen versehen und mit offenen Einzelkojen ausgestattet, um bei nächtlichen Einsätzen barrierefrei zu den Fahrzeugen zu gelangen. 

In der Fahrzeughalle der Zentralwache ist eine „Engine“ (Hilfeleistungs-Löschfahrzeug), ein „Quint“ (Drehleiter),  ein „Command“ (Einsatzleitfahrzeug) sowie ein „Brush Truck“ (Flächenbrand-Löschfahrzeug) stationiert. Ein Fahrzeug ähnlich unseres Rüstwagens, dort „HazMat Truck“ genannt, ist in einer anderen Wache wegen der Nähe zu einer großen Interstate untergebracht.

 

Sparsame Ausstattung der Trucks

Bemerkenswert ist die für deutsche Verhältnisse spärliche Ausstattung der Fahrzeuge. Es ist gerade das Nötigste zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung  in den Fahrzeugen verlastet – selten benötigte Gegenstände oder „Spielereien“, die dann im Ernstfall nicht blind bedient werden können, sind aus den Fahrzeugen verbannt. Über Dinge wie beispielsweise Pumpensteuerung per Touchscreen wird nur gelächelt – eine amerikanische Pumpeneinheit ist „midship“ (fahrzeugmittig) angeordnet und mit analogen Instrumenten und konventioneller Handbedienung ausgestattet.  Gerollte Schläuche oder Schlauchtragekörbe stellen reine Zeitverschwendung dar – alle Schläuche sind in Buchten gelegt und bereits in Mehrschlaucheinheiten vorgekuppelt (bzw. verschraubt, da Gewindekupplungen).

Das Leiterfahrzeug wird  „Quint“ genannt (von lat. quinta = fünf) und hat eben fünffachen Verwendungszweck:  1) Drehleiter, Steighöhe um 30 m, 2) Löschfahrzeug mit Kreiselpumpe und Löschausstattung, 3) Fahrzeug zur techn. Hilfeleistung, hydraulisches Rettungsgerät an Bord, 4) Rettungsfahrzeug, umfangreiche Sanitätsausstattung an Bord, 5) Leiterfahrzeug, diverse Anstellleitern an Bord. Bemerkenswert ist, dass kein Korb an der Drehleiter vorhanden ist. Personenrettungen aus Höhen werden ausschließlich durch Abseilen bzw. Ablassen der Schleifkorbtrage über Anstellleitern vorgenommen.

Weiter ging´s anschließend zur Wache 5 (mit leckerem Mittags-Barbeque!). Hier sind eine „Engine“ sowie ein „Brush Truck“ stationiert. Die Wache teilt man sich mit der Polizei, die hier mehrere Streifenwägen sowie Polizeimotorräder wegen der Nähe zur Interstate 35 sowie mehreren Highways vorhält. Die Regelbesetzung der Außenwachen beträgt drei (!) Mann, ein Captain sowie zwei Firefighter.

 

Minimalbesatzung auf den Fahrzeugen

Captain Randy Smith erklärte, dass die Besatzung der Engines grundsätzlich nur aus drei Personen besteht. Der Brush Truck wird mit zwei Personen besetzt. Das „Personaldefizit“ wird erst dann kompensiert, wenn andere Fahrzeuge aus entfernteren Wachen an Einsatzstellen eintreffen, die je nach Meldebild mit alarmiert werden. In den ersten Minuten sind die drei Ersteintreffenden jedoch auf sich alleine gestellt. Mit ausgeklügelten Tricks kann allerdings an den Einsatzstellen Zeit und Personal eingespart werden: Bei Anfahrt an ein brennendes Haus beispielsweise wird die Engine kurz vorher an einem Überflurhydrant gestoppt, ein Schlauch am Hydranten angeknotet und ein Firefighter zurückgelassen. Das Fahrzeug setzt sich anschließend wieder in Bewegung zur Einsatzstelle, während im Heckbereich automatisch Schlauch abgelassen wird (Buchten-System). Der zurückgelassene Firefighter sorgt in der Zwischenzeit am Hydranten für Wasserversorgung und läuft dann zu Fuß zur Einsatzstelle.

Trotz verpönter elektronischer Spielereien: In der Engine hat der Captain auf der Beifahrerseite einen Laptop vor sich. Hier kann er bereits während der Anfahrt die weiter alarmierten Fahrzeuge und deren Stati sichten, sich eine Umgebungskarte der Einsatzstelle ansehen, Gefahrstoffdaten abrufen oder – bei First-Responder-Einsätzen – die empfohlenen Vorgehensweisen zum gemeldeten Krankheitsbild noch einmal ins Gedächtnis rufen.

Bestens ausgebildet sind alle Firefighter, was medizinische Belange angeht. Die Mindestausbildung verlangt eine Weiterbildung, die dem deutschen „Rettungssanitäter“ entspricht. Als nächste Stufe folgt die Stufe unseres „Rettungsassistent“, und in höchster Instanz dürfen sich die Firefighter als „Medic“ bezeichnen – und sind befugt, beispielsweise zu intubieren oder Medikamente zu verabreichen. Ein Notarztsystem wie in Deutschland existiert in den USA i.d.R. nicht. Neben einem Rettungsrucksack wird in den Engines hierzu auch ein Medikamente-Set sowie ein EKG-/Defibrillator-Kombigerät mitgeführt. Ein Großteil der Einsätze sind übrigens medizinische Hilfeleistungen; Brände oder technische Hilfeleistungen machen nur einen Bruchteil der insgesamt 4.500 jährlichen Einsätze des Temple Fire Departement aus.

 

Straßensperre zur Schlauchprüfung

Am Besuchstag der Wache 5 war gerade Schlauchprüftag. Hierzu fuhren wir – wie auch die Fahrzeuge  zwei anderer Wachen – kurzerhand auf einen Highway. Zwei Fahrspuren wurden gesperrt, die Feuerwehrfahrzeuge auf einer Kuppe abgestellt. Nun wurde sämtliches Schlauchmaterial an der abschüssigen Strecke zusammengekuppelt, mit einer Blindkupplung versehen, mit Wasser befüllt unter Druck gesetzt. Leckgeschlagene oder undichte Schläuche konnten so erkannt und ausgemustert werden. Während die „Löschangriffsschläuche“ ähnlichen Durchmesser wie unsere B-Schläuche haben, weisen die „Wasserversorgungsschläuche“ nahezu den Durchmesser unserer A-Schläuche auf – bei allerdings identischer Länge der „Angriffsschläuche“. Entsprechend schweißtreibend gestaltete sich das Wiederaufnehmen der großen gelben Riesen.

Wer glaubt, die Autofahrer ärgerten sich über die Sperrung, der irrt. Grundsätzlich wurde in Schrittgeschwindigkeit an der Engstelle vorbeigefahren, jeder zweite Autofahrer grüßte freundlich oder winkte den Firefightern zu. Auch bei den Fahrten mit der Engine fiel auf, dass Fußgänger oder entgegenkommende Verkehrsteilnehmer ihre Helden der Feuerwehr teilweise freudig grüßten.

Zurück in der Wache wurden die Schläuche, die wegen einer gummierten Beschichtung üblicherweise nicht gewaschen und getrocknet werden, wieder in den Fahrzeugen verstaut. Anschließend stand „Fachsimpelei“ sowie Relaxen in den bequemen Fernsehsesseln auf dem Programm. Leider blieb uns ein Einsatz verwehrt – die Fahrzeuge der Nachbarwachen wurden an diesem Tag einige Male angefordert, doch auf Station 5 blieb der Alarmlautsprecher an diesem Tag still.

 

Fazit:

Ein äußerst interessanter Tag bei einer amerikanischen Feuerwehr ging viel zu schnell zu Ende. Die Gastfreundschaft war überwältigend, alle Fragen wurden bereitwillig beantwortet und Wünsche realisiert. Ein Besuch einer texanischen Feuerwehr ist somit unbedingt empfehlenswert!

 

Darüber sollten wir nachdenken:

 

- „Weniger ist Mehr“: Elektronische Helferlein sind toll – wenn jeder damit umgehen kann

- Vereinfachte Abläufe mit Basismaterial schaffen Effektivität

- Optische Warneinrichtungen könnten auch in Deutschland umfangreicher verbaut sein (z.B. „Intersection Lights“ – seitliche Blaulichter als Zusatzschutz zum Einfahren in Kreuzungen)

- Anschaffung eines Feuerwehr-Hund ;-)

- Eröffnung eines Barbeque-Restaurants in Schrobenhausen ;-)

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